TRUE COLORS...

"And I´ll see your true colors shining through. I see your true colors and that´s why I love you. So don´t be afraid to let them show... Your true colors. True colors are beautiful- like a rainbow …" (Cindy Lauper)

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Wer schreibt hier eigentlich, und warum... ?

WIR, das sind Torsten und Karla und wir schreiben hier über das Leben von unserer Tochter Leia Sophie, die mit einem sehr seltenen Gendefekt zur Welt kam. Dieser wurde lange Zeit nicht erkannt. Wir, ihre Eltern, kämpften lange um eine endgültige Diagnose. Am 29.10.2010 erhielten wir den Befund. Leia hat ein sogenanntes Mikroduplikationssyndrom. Auf dem X-Chromosom liegt ein Gen namens CASK, welches teilweise dupliziert ist, man bezeichnet das Krankheitsbild auch als MICPCH-Syndrom. Durch diesen Defekt hat Leia Microcephalie, Ponto-Cerebelläre Hypoplasie und eine schwere mentale Retadierung. Auf deutsch....eine Hirnfehlbildung mit unerforschten Folgen...
Leias Welt ist sehr klein, aber sie ist glücklich in ihrer kleinen Welt und das versuchen wir jeden Tag so zu erhalten....

 

Wir möchten mit dieser Seite anderen Menschen zeigen und darauf aufmerksam machen, wie wertvoll und wunderbar ein Leben mit einem behinderten Kind sein kann, auch wenn es nicht immer leicht ist und man oft an seine Grenzen kommt. Wir wollen anderen Mut machen und auch denen die Augen öffnen, die unwissend sind oder die das Thema Behinderung bisher nicht berührte, weil sie damit nie in Kontakt waren.


Da es so wenige Erfahrungsberichte über diesen Gendefekt gibt und die Anzahl der Betroffenen nicht sehr groß ist, können wir vielleicht helfen oder dem ein oder anderen zeigen, dass er nicht alleine ist. Wir haben mittlerweile zu einigen anderen CASK-Kindern Kontakt über soziale Medien oder auch persönlich und es ist verblüffend, wie ähnlich sich die Kinder sind.

Wir freuen uns über neue Kontakte, Erfahrungsaustausch oder Hilfe jeglicher Art. Wir versuchen hier unser Wissen weiter zu geben. Wir schildern so gut es geht unser Schicksal um anderen einen Einblick zu geben über die ganz normalen Probleme des Alltags, die natürlich auch wir haben.
Wir hoffen, Ihr fühlt Euch alle wohl auf dieser Seite und wir freuen uns über jeden,

 der es ehrlich mit uns meint.

 

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Unser Schicksal aus Elternsicht … (Stand 2014)

 

Mein Mann Torsten und ich waren sehr froh, als wir erfuhren, daß wir ein Mädchen bekommen. Ein Junge und ein Mädchen, so haben wir es uns gewünscht. Luke, unser Sohn war 6 Jahre alt, als Leia zur Welt kam. Die Schwangerschaft war unauffällig. Ich hatte zwar mehr Probleme mit dem Kreislauf und alles war sehr anstrengend für mich, aber im großen und ganzen gab es keine Probleme. Ich hatte die letzten 5 Monate der Schwangerschaft ein Beschäftigungsverbot und konnte nicht mehr arbeiten gehen. Ich habe mich gedanklich auf die Geburt vorbereitet und mich sehr auf mein Mädchen gefreut. Mein Mann war bei der Geburt dabei. Ich bekam sie mit einem Gel eingeleitet, da ich bei Luke während der Geburtsphase eine Schwangerschaftsvergiftung bekam, anschließend meine Leberwerte sehr schlecht waren und meine Blutgerinnung auch und dann die erste Nacht auf der Intensivstation verbringen musste, wollte mein Frauenarzt kein Risiko eingehen... Ich lag dann beim CTG als meine Fruchtblase platzte, die Wehen gingen sofort heftig los und die Hebamme hatte Schwierigkeiten noch rechtzeitig den Kreissaal fertig zu bekommen, denn dann ging alles sehr schnell. Nach 3 Presswehen und insgesamt 30 Minuten erblickte Leia das Licht der Welt. Da war sie endlich, die süße Maus. Und sie schien gesund zu sein...

Wie es dann weiterging, könnt ihr in Leias Geschichte lesen. Das Leia einen Gendefekt hat, haben wir natürlich so nicht geplant. Wir wurden ganz hart nach unten gerissen, wir waren sehr verzweifelt, wie kann das passieren, warum passiert uns das, wo wir so aufgepasst haben, nichts falsch zu machen. Es hat uns aber sehr zusammengeschweißt, wir haben zusammen gelitten und gekämpft. Es gab gute und schlechte Zeiten. Torsten hatte zu diesem Zeitpunkt der Geburt auch noch einen komplizierten Beinbruch und lief an Krücken. Er war zuvor selbstständig. Das Geld fiel also komplett aus. Er konnte mich auch wenig unterstützen. Ich hatte ein Jahr Elternzeit genommen. Dann entschieden wir, da ich einen sicheren Job hatte, daß ich zurück in meinen Beruf gehe und er sich um die Kinder kümmert. Lange Zeit waren wir mit Leia nur unterwegs von Klinik zu Klinik, von Termin zu Termin...Erst als wir nach fast 3 Jahren endlich mal eine Diagnose in den Händen hielten, wurde alles etwas entspannter. Da man ihr ja die Behinderung nicht ansah, war es immer schwierig ernst genommen zu werden oder sich bei Krankenkasse, Ämtern oder Ärzten durchzusetzen. Man hatte endlich etwas schwarz auf weiß, eine Diagnose, ein Ergebnis, wenn auch kein gutes, aber etwas, mit dem man sich nun arrangieren mußte... Wir haben jeden Tag den Gedanken gehabt, wir müssen sie fördern, fördern, fördern... nur so kommt sie weiter, und wenn mal einen Tag kein Termin war, hatte man das Gefühl, es wäre ein verlorener Tag, man verpasse was. Wir haben natürlich nie etwas gemacht, was Leia keinen Spaß machte. Leia ist eine Kämpferin, sie ist immer in Bewegung, ihr ganzer Körper ist den ganzen Tag am Routieren, sie will immer beschäftigt werden, braucht immer Action, ihr darf es nie langweilig werden. Ist nicht immer einfach, und ohne Frage ein 24-Stunden-Job.

Sie musste fast 3 Jahre pürierte Nahrung zu sich nehmen, weil sie Probleme mit dem Schlucken hatte. War nur ein Bröckchen irgendwo drin, musste sie sofort erbrechen und alle Mühe der langwierigen Fütterung war umsonst. Als Leia die Pflegestufe zugesprochen wurde, war es sowieso klar, daß Torsten die Pflege übernimmt und ich weiter arbeiten gehe. Wenigstens das Pflegegeld hilft einem finanziell etwas weiter. Es ist nicht einfach, ich habe eine 3/4-Stelle, ein Gehalt fällt weg, wir haben ein Haus abzubezahlen, zwei Autos sind auch dringend nötig. Und zwei Kinder sind auch nicht billig. Meine Mutter hat uns oft finanziell geholfen, wenn es eng wurde, z.B. hat sie Leia auch die Reit-Therapie bezahlt, denn die übernimmt die Krankenkasse leider nicht.

 

Leider haben wir aus dem Umfeld bzw. Freundeskreis wenig Unterstützung, die Menschen heutzutage sind sehr egoistisch, viele denken nur an ihr Vorteil, die Menschen wenden sich ab von den Menschen, bei denen sie in die Beziehung reininvestieren müssen statt Gewinn rauszuziehen.

Die einzigen Helfer sind mal die Omas, aber deren Möglichkeiten sind auch begrenzt. Sie versuchen uns hauptsächlich finanziell ein wenig zu unterstützen mit z.B. den Kosten der Reittherapie oder Kleidung für die Kinder.

Die Beziehung zu Torstens Mutter ist jedoch meistens aus meiner Sicht her sehr kompliziert. Die Kinder haben jedoch regelmäßigen Kontakt zu ihr und besuchen sie hin und wieder. Kontakt zu Torstens Vater und seinen Geschwistern besteht gar nicht mehr. Meine Mutter ist mittlerweile 76, hat keinen Führerschein und ist mit den gesundheitlichen Problemen ihres Lebensgefährten mehr als überlastet. Sie können auch nur mal ab und zu stundenweise ein Kind beaufsichtigen, aber wohnen leider auch 40 Minuten entfernt. Zu meiner einen Halbschwester und ihrer Familie hab ich keinen Kontakt mehr, und meine andere Halbschwester ist zusammen mit ihrem Mann selbstständig berufstätig und rund um die Uhr eingespannt. Wir haben sowieso nur eine kleine Verwandtschaft.

Oft bräuchte man schon mal Hilfe, gerade was das Instandhalten und Pflegen von Haus und Garten betrifft. Es ist sehr schwierig, das alles zu schaffen, da man Leia nicht allein lassen kann und sie selbst wenn sie dabei sitzt sehr anhänglich ist und sofort weint, wenn man sich nicht mit ihr befasst. Sie hat starke Verlustängste, allein wenn einer den Raum verlässt, in dem wir sind, fängt sie an den Kopf vor und zurück zu werfen und zu weinen. Sie wird mit zunehmenden Alter schwieriger, da sie einen starken Willen hat, sich nicht äußern kann, sich aber durchsetzen will und das ist ohne Verständigung einfach sehr schwierig. Da kommt es schon mal zu dem ein oder anderen Frustanfall. Die Schlafsituation ist auch nicht einfach, Leia hat durch ihr gestörtes Schlafzentrum leider keinen richtigen Tag-Nacht-Rhythmus, sie ist mehrmals nachts wach und trinkt dann, weil sie tagsüber viel zu wenig trinkt. Und damit niemand von uns nachts 7-10 mal die Treppe runter muß zu ihrem Zimmer, haben wir sie bei uns im Bett. Auch nicht einfach, weil ich jeden Morgen um 3.45 Uhr aufstehen muß, da ich einer Lagertätigkeit nachgehe und ich um 4.45 Uhr das Haus verlasse. Seid Leia auf der Welt ist, kennen wir das Wort "Durchschlafen" leider nicht mehr... Ja die komplizierte Schlafsituation ist unter anderem auch ein Punkt, warum man abends nicht weggehen kann, einfach mal essen gehen oder ins Kino, weil sich das niemand zutraut, Leia über Nacht zu sich zu nehmen.

Torsten hatte im Jahr 2012 eine akute Bauchspeicheldrüsenentzündung und lag zwei Wochen auf der Intensivstation und zwei Wochen auf Station. Das war eine schwierige Zeit. Er musste seine Ernährung und Lebensweise radikal umstellen. Ich hab in der Zeit des Krankenhausaufenthaltes die Pflege übernommen, konnte nicht arbeiten gehen, Gehalt fiel erstmal weg und wurde von der Krankenkasse nachgezahlt, zur gleichen Zeit fiel auch das Pflegegeld aus, da mein Mann ja nicht pflegen konnte... Im Jahr 2014 im Mai hatte ich einen Autounfall mit Totalschaden, der mich zwei Wochen lahm legte, kurz darauf wurde mir die Gallenblase entfernt, weil ich schon seit einem Jahr immer wieder starke Schmerzen hatte, es aber keiner erkannte, daß es an Gallensteinen lag. Da fiel ich wieder zwei Wochen aus. Wie man sieht, das Schicksal meint es nicht immer so gut mit uns. Aber wir haben kämpfen gelernt und stehen immer wieder auf, wenn wir fallen....

Mir hat mal jemand erzählt, daß er gehört hat, wie eine andere Person, die mir wohl nicht gut gesonnen war, über mich sprach und als sie erfuhr, daß mein Kind schwerbehindert ist, gesagt hat :"Jeder bekommt das, was er verdient." Ich muß sagen, ich kann der Person gar nicht böse sein, weil sie hat irgendwie recht. Ich habe scheinbar dieses bezaubernde besondere Kind verdient, denn diese Kinder suchen sich ihre Eltern aus, davon bin ich überzeugt, aber sie, die sich so sehr ein Kind wünschte, hat bis heute keins bekommen. Es scheint doch ein klein bisschen Gerechtigkeit zu geben...

 

Naja das war ja lang nicht alles, was der Alltag so an Problemen bescherrt, aber zumindest ein Einblick. Manchmal wird man gefragt, woher man die Kraft nimmt, das alles zu schaffen. Ich kann nur sagen, und ich glaube da spreche ich auch für meinen Mann Torsten, Leia ist Gottes besonderes Geschenk, und ihr Lächeln und ihre positive Art entschädigt einfach alles, was man durchstehen muß. Sie gibt uns so viel Kraft und beschenkt uns mit so viel Liebe. Wir möchten Sie um nichts auf der Welt missen !!! Und wir sind froh und stolz über das, was wir bisher schon geschafft haben... was Leia geschafft hat !


 

Daten :  Papa Torsten, geboren am 28.12.1973

          jetzt Pflegeperson der Tochter Leia

          vorher: Elektroinstallateur, dann Abfüller medizinischer Gase,

          danach selbstständig

 

          Mutter Karla, geboren 08.10.1972

          Mitarbeiterin in einem Modeunternehmen

          zuvor Ausbildung zur Schauwerbegestalterin / Visual

          Merchandiser, ab 2009 Mitarbeiter im Verkauf u. Warenbearbeiter

 

          Sohn Luke, geboren 03.05.2001

          Grundschule, dann Gymnasium (bis 2020), 

           ab 09/2020 Ausbildung zum Hörgeräte-Akustiker